Typen und Geschichte

Unter einem programmierbaren Taschenrechner (PTR) versteht man einen wissenschaftlichen Taschenrechner, der zusätzlich frei programmierbar ist. Mittels einer – je nach Modell unterschiedlichen – Programmiersprache lassen sich die fest implementierten Fähigkeiten des PTR den eigenen Bedürfnissen entsprechend erweitern.

Etwa fünf Jahre nach Erscheinen der ersten wissenschaftlichen Taschenrechner kamen Mitte der 70er Jahre die ersten programmierbaren Taschenrechner auf den Markt, allerdings zu ziemlich unattraktiven Preisen. Der HP-65, einer der allerersten PTR, kostete rund 2000 DM; gemessen am Brotpreis entspricht das im Jahr 2020 etwa 7000 €. Die Spitzenmodelle von Texas Instruments und Hewlett-Packard hatten zusätzlich einen unter dem Display eingebauten Magnetkartenleser. Dadurch war es möglich, Programme auf Magnetkarten (die etwa die Form eines Kaugummistreifens hatten) zu speichern.

In den 80er Jahren erlebte die Entwicklung der PTR ihren Höhepunkt. Die Palette reichte von einfachen Modellen (wie dem oben abgebildeten TI-57 LCD aus dem Jahre 1982), die nicht viel mehr erlaubten, als Formeln frei zu programmieren, bis hin zu sogenannten „Pocket Computern“, die in BASIC programmiert werden konnten. Sie waren etwas kleiner als ein moderner GTR und hatten eine komplette alphanumerische Tastatur, allerdings nur ein ein- oder zweizeiliges Display.

Ein frühes und zugleich technisch sehr fortschrittliches Modell war der abgebildete Casio FX-602P aus dem Jahre 1981, der bis heute (mit zwei Knopfzellen vom Typ CR-2032) tadellos funktioniert. Der programmierbare Speicher hatte ein Kapazität von 672 Bytes (was nicht wenig war) und eine verglichen mit anderen Modellen angenehme und dennoch leistungsstarke Programmiersprache. Mit seinem Punktmatrix-Display war er seiner Zeit weit voraus. So lassen sich beispielsweise auf dem Display sämtliche Groß- und Klein­buchstaben des Alphabets darstellen. Bei einem Verkaufspreis von knapp 300 DM (gemessen am Brotpreis entspricht das im Jahr 2020 etwa 900 €) war er verglichen mit ähnlich leistungs­starken Modellen von HP sogar verhältnismäßig erschwinglich.
Sehr praktisch war die Möglichkeit mit Hilfe des als Zubehör zu erwerbenden Adapters FA-1 Daten auf eine normale Audio­kassette zu transferieren bzw. von dort wieder zu lesen. Dazu wurde der FX-602P auf das FA-1 aufgeschoben, welches wiederum mit einem Kassettenrekorder oder einer Hifi-Anlage verbunden wurde. Dadurch war es möglich, sich eine umfangreiche Programmsammlung anzulegen.

Mit dem Aufkommen der Grafikrechner (GTR) ab etwa 1990 verloren die nicht grafikfähigen PTR erheblich an Bedeutung. Da – abgesehen von einigen ganz einfachen Modellen – auch GTR programmierbar sind und der Preis für einen GTR nicht erheblich höher lag als für einen (guten) PTR, verschwanden die PTR zusehends vom Markt.

Im 21. Jahrhundert sind die klassischen PTR praktisch komplett aus dem Angebot der Hersteller verschwunden, wenn man von wenigen finanzmathematischen Nischenmodellen absieht.