Praxistest Grafikrechner

Casio fx-9750G Plus

Nachfolger: Casio fx-9750 G II

Technische Ausführung und Bedienkonzept

Der fx-9750G Plus macht - verglichen mit anderen GTR - einen weniger robusten Eindruck. Anders als gemeinhin üblich hat das Hardcase des fx-9750G Plus keinen Schiebedeckel, sondern einen einrastenden Klemmdeckel; das ist gewöhnungs­bedürftig und für mein Empfinden fummeliger als ein Schiebedeckel. Durch die etwas geschwungene Form und den grelltürkisen Rücken hebt sich der fx-9750G Plus auch sonst rein äußerlich von anderen GTR ab. Die Verarbeitung wirkt trotz allem insgesamt solide, die Qualität des Displays ist gut.

Der fx-9750G Plus unterscheidet sich vom cfx-9850GB Plus nur dadurch, dass das Display nicht farbig ist und eine umfangreiche Programmbibliothek fehlt, dadurch bezahlt man etwa 10 Euro weniger. Die Programmbibliothek des cfx-9850GB Plus enthält neben physikalischen Konstanten auch Ableitungs- und Stammfunktionen wichtiger Funktionen, Ableitungsregeln, Rechengesetze und wichtige Formeln zu trigonometrischen Funktionen, Exponential- und Logarithmusfunktionen, Umrechnungen von unterschiedlichen Einheiten u.v.m. Bei einem ausschließlichen Einsatz in der Sekundarstufe II mag das sinnvoll sein, weil es in Teilen die Formelsammlung ersetzen kann, bei einem Einsatz in der Sekundarstufe I eher nicht. Ob ein GTR ein Farbdisplay braucht, darüber mag man streiten. Fakt ist, dass der cfx-9850GB Plus derzeit der einzige GTR mit Farbdisplay ist; auch die CAS-Spitzenmodelle von Casio (Classpad) und TI (Voyage) haben nur ein monochromes Display.

Das Bedienkonzept des fx-9750G Plus ist konsequent menüorientiert. Nach dem Einschalten erscheint stets ein Auswahlmenü auf dem Display, aus dem man mittels Cursor-Tasten oder per Direkteingabe einer Ziffer den gewünschten Modus auswählt. Auch auf den untergeordneten Ebenen wird dieses Konzept umgesetzt, so dass man selten auf der Tastatur nach einer passenden Taste suchen muss, weil alle in Frage kommenden Optionen in der Fußzeile des Displays eingeblendet und mittels der darunter befindlichen Taste ausgewählt werden können. Das erlaubt eine in hohem Maße intuitive Bedienung und konfrontiert einen nur selten mit unerwarteten Fehlermeldungen.

Rechenmodus

Im normalen Rechenmodus verhält sich der fx-9750G Plus wie ein gewöhnlicher Schulrechner. Er verfügt über die übliche Bruchrechentaste, mit der sich sowohl Brüche als auch gemischte Zahlen eingeben lassen, zeigt Brüche aber in der klassischen "unnatürlichen" a⌟b-Notation an. Ergebnisse von Bruchrechnungen können per Tastendruck in eine gemischte Zahl, einen unechten Bruch oder einen Dezimalbruch umgewandelt werden. Auch die Umwandlung von Dezimalbrüchen in eine Bruchzahl ist in vielen Fällen möglich. Erfreulich auch: Wird ein Bruch mit der [x²]-Taste quadriert, wird das Ergebnis wieder als Bruchzahl dargestellt. Bei der [^]-Taste und der Quadratwurzel funktioniert das dann allerdings nicht mehr, auch dann nicht, wenn das Ergebnis rational ist. Dass das besser geht, zeigt z.B. der fx-85ES aus eigenem Hause oder der TI-30XII. Wirklich schwach: Es gibt kein Multi-Line-Playback wie bei den GTR von Sharp und TI. Lediglich die letzte Eingabe kann noch einmal mit der "Cursor hoch"-Taste zurück geholt werden - das war's auch schon.

Funktionenplotter

Der Funktionenplotter hat als besonderes Feature den wandernden Cursor bei graphisch-numerischen Berechnungen: Nach der Auswahl einer entsprechenden Rechnung passiert erst einmal eine Weile nichts, weil der Taschenrechner arbeitet; dann beginnt der Cursor stets den gesamten Graphen von links nach rechts abzufahren, bis der gesuchte Punkt gefunden ist. Einen Vorteil dieser Animation kann ich nicht erkennen - es nervt eher, wenn man auf die Rechen­ergebnisse noch länger warten muss.

Wünschenswert wäre es, wenn man im Rahmen der Trace-Funktion die Möglichkeit hätte, einen bestimmten Punkt über die direkte (Zahlen-)Eingabe der entsprechenden Stelle anzuspringen und diesen Punkt als Ausgangspunkt für weitere Trace-Schritte oder z.B. die Zeichnung einer Tangente zu verwenden. Zwar kann man über das Calc-Menü einen solchen Punkt anspringen lassen, allerdings ändern sich die Koordinaten ungewollt, wenn man anschließend eine Tangente durch diesen (Berühr-)punkt konstruieren will (der Cursor springt dann immer genau den Punkt an, dessen x-Wert genau in der Mitte des x-Achsen-Zeichenbereichs liegt). Möchte man also z.B. eine Wendetangente an der richtigen Stelle einzeichnen, dann bleibt einem u.U. nichts anderes übrig, als die Tangentengleichung wie gewohnt per Hand zu ermitteln, die Tangente anschließend über ihre Gleichung einzugeben und zusätzlich anzeigen zu lassen. Vorteil dieser Variante ist dann allerdings, dass z.B. gemeinsame Schnittpunkte von Tangente und Graph graphisch-numerisch berechnet werden können.

Weiterhin kann der fx-9750G Plus im Rahmen der graphisch-numerischen Berechnungen auch Werte bestimmter Integrale berechnen und die entsprechende Ordinatenfläche schattieren. Die Integrationsgrenzen werden im Trace-Modus mittels Cursor-Tasten und Enter-Taste ausgewählt. Nachteil wie bei den Tangenten: Wenn man Pech hat, kann man die gewünschten Integrationsgrenzen nicht exakt auswählen. Abhilfe schafft hier allerdings eine Funktion im normalen Taschenrechner-Modus: Über die [OPTN]-Taste kann man Werte von bestimmten Integralen mit exakt wählbaren Integrationsgrenzen berechnen; eine Schattierung der Ordinatenfläche entfällt dann allerdings.

Neben dem normalen Funktionenplotter bietet der fx-9750G Plus zusätzlich die Möglichkeit, Funktionenscharen als Animation anzuzeigen. Dabei wird der Scharparameter in einem beliebig festzulegenden Intervall und in beliebig festzulegenden (äquidistanten) Schritten durchlaufen und die dabei entstehenden Graphen nach einander angezeigt. Der Ablauf kann in drei unter­schied­lichen Geschwindigkeiten automatisiert oder die einzelnen Graphen per Tastendruck nach einander angezeigt werden; Funktionsgleichung und Wert des Parameters werden dabei mit eingeblendet.

Gleichungslöser

Beim Lösen von Gleichungen ist der fx-9750G Plus vergleichbar mit den Modellen von Sharp: Es lassen sich sowohl lineare Gleichungssysteme als auch quadratische und kubische Gleichungen numerisch lösen. Im Unterschied zu den Rechnern von Sharp können aber zumindest bei den linearen Gleichungssystemen die als Dezimalbruch angezeigten Lösungen in der Regel per Tastendruck als Bruchzahl angezeigt werden. Bei den quadratischen und kubischen Gleichungen funktioniert das leider nicht. Gleichungen höheren als 3. Grades können darüber hinaus graphisch-numerisch gelöst werden, wenn man die Gleichung entsprechend umstellt und als Nullstellenproblem auffasst.

Anmerkung (2013): Der Gleichungslöser kann nur eindeutig lösbare LGS lösen. Da der fx-9750G Plus nicht über die Funktion rref() verfügt, die ein LGS in Matrizenform in normierte Diagonalform überführen und so auch nicht oder nicht eindeutig lösbare LGS lösen kann, werden die Anforderungen "NRW 2014" nicht erfüllt.

Statistik

Über die statistischen Funktionen hinaus bietet der fx-9750G Plus zahlreiche stochastische Verteilungen und Tests.

Sonstiges

Weitere Besonderheiten sind die Möglichkeit, Kegelschnitte (u.a. Parabeln, Kreise, Ellipsen) graphisch darzustellen, mittels "Trace" abzufahren und einige besondere Punkte (z.B. Brennpunkt einer Parabel) angezeigt und berechnet zu bekommen, die Möglichkeit rekursive Folgen erzeugen und graphisch darstellen zu lassen, sowie eine Applikation mit umfangreichen finanz­mathe­matischen Funktionen, die für den schulischen Einsatz aber wenig interessant sein dürften.